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Anita Vohsen


Ich glaube, ich war 8 oder 9 Jahre alt, als meine Tante eines Tages zu uns nach Hause kam und im Schlepptau ein winzig kleines Mischlingsmädchen an den Fersen kleben hatte. Seit diesem Tag war es mein größter Wunsch, einen eigenen Hund zu bekommen. Dieser Wunsch wurde mir von meinen Eltern jedoch nie erfüllt. Zu groß waren ihre Bedenken: "Am Anfang macht dir das alles noch Spaß, solange der Hund ein Welpe ist, aber irgendwann bist Du in dem Alter, wo Dir Freunde wichtiger sein werden und die ganze Verantwortung für diesen Hund dann an uns kleben bleibt". Wetten, dass ganz viele diesen Satz gehört haben, oder selber schon zu den eigenen Kindern gesagt haben?

Stattdessen erinnere ich mich daran, dass wir Wellensittiche hatten, als ich noch sehr klein war. Nachdem wir in unser Eigenheim gezogen waren, als ich 6 Jahre alt war, flog irgendwann in der Dämmerung ein Nymphensittich auf die Dachspitze unseres Hauses, den unser Nachbar unter Einsatz seines Lebens einfing. Ich fand es großartig, dass er für diesen kleinen Vogel auf dem Dachfirst herumgekraxelt war und uns übergangsweise sogar einen Käfig geliehen hat, bis wir am nächsten Tag selber einen kaufen konnten. Meine Schwester entschied, dass er Jacky heißen sollte, und er zog in ihr Zimmer ein. Wenig später bekam ich ebenfalls einen Nymphi, der Kiki hieß. Natürlich hatte ich diesen kleinen Kerl lieb und war sehr traurig, als er eines Tages starb, aber das änderte nichts daran, dass es ein Hund war, den ich mir so von Herzen wünschte.

Einige Jahre später lief uns eine misshandelte Katze zu und mein Vater verbot uns ganz deutlich, das Tierchen zu füttern. Als ich aber eines Abends nicht einschlafen konnte und noch mal in die Küche wackelte, um mir etwas zu trinken zu holen, sah ich, wie mein Herr Papa der Katze Sahne auf einem Tellerchen auf die Terrasse stellte :-) Damit hatte er sich quasi ein Eigentor geschossen, und die Mieze blieb und bekam ungefähr 2 Wochen später 3 außerordentlich süße Katzenbabys, die alle bei Schulfreunden ein gutes Zuhause fanden.
Als ich nach meiner Ausbildung in meine erste eigene Wohnung zog, bekam ich von einer Arbeitskollegin ein Katzenpärchen "Cindy" und "Micky" geschenkt, die von einem Bauernhof stammten und dort dringend weg sollten. Da ich im Einzelhandel arbeitete, war dies für mich die Alternative zu meinem immer noch größten Wunsch: einem Hund. Bis ich nach ungefähr 15 Jahren Einzelhandel beruflich einen anderen Weg einschlug, begleiteten mich noch einige Katzen. Alte und auch junge Samtpfoten waren dabei, die sich allesamt in mein Herz schlichen und bis heute haben alle noch ihren Platz in meinem Herzen behalten. "Mytha", "Dicker Bär" und "Wölfchen", gefolgt von dem apportierenden Katerchen "Teddy" und seiner Schwester "Muffin". Als mein damaliger Lebensgefährte Freunden gegenüber verlauten ließ, dass er einen Rottweiler haben wollen würde, sofern dieses Thema überhaupt einmal zur Diskussion stehen würde, war das natürlich MEIN Stichwort. Ich begann, nach einem Rotti zu suchen. Ob Mädchen oder Junge war dabei völlig nebensächlich. Ich war mir nur in dem Punkt 100%ig sicher, dass er keinesfalls von einem Züchter sein würde. Nach einigen Wochen fand ich endlich genau das Passende: eine Rottihündin aus einem Privathaushalt, wo die Kastration des Rüden doch noch Früchte getragen hatte :-) Und so zog "Xena" bei uns ein. Ihre Mutter wurde kastriert, nachdem alle Welpen ausgezogen waren, weil man nun doch lieber auf Nummer sicher gehen wollte, denn ziemlich außerhalb so mitten in der grünen Heide wollte man lieber nicht riskieren, dass ein freundlicher, aber unkastrierter Charmebolzen aus der weiteren Nachbarschaft ein nettes "Stell-dich-ein" mit der Mutterhündin suchen würde. 

Vier Wochen nach Xenas Einzug mussten wir sie notoperieren lassen. Ich hatte bereits die ganze Nacht mir ihr auf dem Fußboden im Flur gelegen, weil sie sich immer wieder erbrach. In den frühen Morgenstunden erbrach sie eine Masse, die nicht nur so aussah wie Durchfall, sondern ebenso grauenvoll roch. Daraufhin fuhr ich mit ihr sofort zum Tierarzt, wo 6 Röntgenaufnahmen gemacht werden mussten, um den Grund für einen Darmverschluss zu finden. In ihrer kindlichen Neugier hatte sie auf einem der Spaziergänge einen Angelhaken aufgelesen und verschluckt, der sich durch die Darmwand gebohrt hatte und somit der Anstoß für den Darmverschluss gewesen ist. Stunden später und mit einen halben Meter Darm weniger durfte ich Xena endlich aus der Praxis abholen, wo 2 Tierärzte ganze 4 Stunden operiert hatten. Ein zweiter sich anbahnender Darmverschluss wurde während der OP entdeckt, und der Darm zwischen diesen beiden Stellen war so entzündet und in Mitleidenschaft gezogen, dass man ihr dieses Stück Darm entfernen musste, damit sie eine vertretbare Chance auf ein weiteres Leben habe. An der Stelle, wo der Darm wieder zusammengenäht worden war, durfte in den nächsten Wochen nichts aufbrechen. Erst wenn diese Stelle komplett verheilt sei, könnte man sagen, dass Xena über dem Berg sei, hatte die Tierärztin mir gesagt. Bis es so weit war, durfte Xena keinen harten Stuhlgang bilden. Also bekam sie nur Hühnerbrühe und später etwas Gries oder Haferflocken mit Brühe zu fressen, damit die OP-Stelle nur ja nicht aufbrechen konnte.

Als ich mich nach vielen Jahren von meinem Lebensgefährten trennte, war in beiderseitigem Einverständnis ganz klar, dass alle Tiere (zwischenzeitlich war unser gemeinsamer kleiner Zoo noch um 2 Widderkaninchen reicher, die einen riesigen Auslauf mit Buddelmöglichkeiten im Garten hatten) bei ihm bleiben würden. Sie waren es gewohnt, nach eigenem Ermessen Tag und Nacht selber entscheiden zu können, ob sie lieber im Haus oder in der Natur sein wollten, und es war klar, dass ich ihnen dass nicht bieten können würde. Und so fand ich mich also in einer Wohnung wieder ohne Partner und auch ohne ein einziges Tier. Es war unerträglich. Bald darauf veränderte sich mein beruflicher Werdegang, und ich landete in einem Büro. Mit meinen beiden Chefs besprach ich, dass ich mir gerne meinen größten Wunsch selber erfüllen würde, wenn ich den Hund mit ins Büro bringen dürfte. Und ich durfte!!!

Auf den Tag genau wurde Teddy 11 Jahre alt, als ich ihn gehen lassen musste. Bereits Wochen vor seinem Gang über die Regenbogenbrücke war absolut klar, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis der schmerzliche Tag da sein würde. Immer und immer wieder wünschte ich mir, dass Teddy seinen 11. Geburtstag doch noch erleben können sollte. Und es war, als wüsste er ganz genau um meinen Wunsch. Er hielt sich sehr tapfer bis zu seinem Geburtstag. Er fraß, trank, nahm seine Medikamente, weil er schwerst krank war, und zeigte jeden Tag, dass er sein Leben noch immer lebenswert fand und er auch auf seine geliebten Spaziergänge keinesfalls verzichten wollte. In der Folgenacht seines Geburtstages baute er innerhalb von Stunden dramatisch ab. Er verweigerte am nächsten Tag jedes Fressen, trank nicht mehr, nahm seine Medikamente nicht mehr, die er sonst absolut problemlos wie besondere Leckerchen genommen hatte, und ließ sich auch nicht mehr bewegen, einen einzigen Schritt vor die Türe zu gehen. Selbst in den Garten wollte er nicht mehr, und so saß und lag ich abwechselnd in der folgenden Nacht bei ihm, dankte ihm aus ganzem Herzen für die wundervolle Zeit, die er mir bereitet hatte und verabschiedete mich über viele Stunden von ihm. Wenn ich weinte, legte er tröstend seinen großen Kopf auf mein Bein und sah mich aus großen, wissenden Augen an. Der nächste Schritt war unabwendbar, und das wusste ich. Und auch er wusste es und hat mir diese Entscheidung sehr leicht gemacht, indem er alles verweigerte und mir so zeigte, dass der Augenblick des Abschieds da war. Morgens um 7 Uhr rief ich meinen Tierarzt an, und er kam zu mir und half Teddy in meinen Armen auf dem Weg über die Regenbogenbrücke.

Die Tage nach Teddys letztem Einschlafen zog mein erster Pflegehund von proTier bei mir ein: Punto. Und seit dem er bei mir ist, hat er bereits 29 Hunde von pro Tier und 30 Katzen von einem bei mir ortsansässigen Tierheim, für das ich diese Katzen in Pflege hatte, hier ein und auch wieder ausziehen sehen auf ihrem Weg in ein lebenswertes Hunde- oder Katzenleben bei Menschen, die sie lieben und achten.


Einmal habe ich als Pflegestelle ganz klassisch versagt und den Hund sofort adoptiert, nachdem er von Sardinien nach Deutschland zu mir kam. Seitdem ist Manuel (Bild links) eine unverzichtbare Stütze bei der Aufzucht von Hunde- und Katzenwelpen geworden, und er ist auch immer der Ruhepool, an dem sich alle Neuankömmlinge aus dem Tierschutz orientieren, und auch Punto hat in ihm einen engen Kameraden gefunden, mit dessen Hilfe er in den letzten zweieinhalb Jahren unglaublich viel gelernt hat und das ein oder andere Trauma überwinden konnte.

Hin und wieder, wenn mal "Not an der Frau" ist übernehme ich eine Vorkontrolle oder Nachkontrolle, fahre Tiere am Flughafen abholen, die dann ihre erste Nacht in Deutschland bei mir verbringen, bis sie am nächsten Tag von ihren Menschen oder einer anderen Pflegestelle bei mir abgeholt werden, sofern sie nicht bis zu ihrer Vermittlung bei mir bleiben.

Um die Fellnasen (und damit natürlich auch die Tierschutzvereine, mit denen ich zusammenarbeiten darf) bei der Suche nach einem schönen Zuhause zu unterstützen, habe ich meine eigene Homepage ins Leben gerufen, auf der ich für jede Seele die bei mir Zwischenstation auf dem Weg in ein glückliches Leben macht, ein eigenes Profil erstelle, wo man noch sehr viel mehr über die einzelnen Tiere erfahren kann als auf den Seiten der Tierschutzvereine, wobei dies bei der Menge an zu vermittelnden Tiere auf den Seiten der Tierschutzvereine den Rahmen des Möglichen sprengen würde. Und da ich mit meinen Schützlingen tagein, tagaus zusammenlebe, lerne ich diese Tiere natürlich auch viel intensiver kennen, als das in kurzen Besuchen überhaupt möglich ist. Ich freue mich sehr darüber, dass ich das Vertrauen der Tierschutzvereine genieße, und durch die Pflegestelle ist es mir möglich, für jedes Tier die passenden Menschen mit dem passenden Zuhause finden zu können.

Miterleben zu dürfen, wie die einzelnen Tiere in der Umgebung der Pflegestelle sich zeigen, Vertrauen aufbauen, Ängste verarbeiten und zum Teil völlig ablegen und sich zu absoluten Traumtieren entwickeln, das ist der ganz persönliche Lohn für meinen Einsatz, den ich ganz bewusst nicht "Arbeit" nennen will.






 
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